2. Spieltag 1965 / 66 Sa., 21.08.1965

Bundesliga

1. FC Nürnberg - TSV 1860 München

1:4 (1:3)

1. FC NÜRNBERG:

Toth;

Ferschl, Popp;

Leupold, Wenauer, Reisch;

Allemann, Strehl, Bast, Wild, Greif

Trainer: Csaknady

Karten: ---

Tore: 1:1 Reisch (17.)

TSV 1860 MÜNCHEN:

Radenkovic;

Wagner, Kohlars;

Perusic, Reich, Luttrop;

Zeiser, Konietzka, Brunnenmeier, Großer, Heiß

Trainer: Merkel

Karten: ---

Tore: 0:1, 1:2, 1:3 Brunnenmeier (1., 31., 37), 1:4 Konietzka (58.)

-

Schiedsrichter: Matthieu (Saarbrücken)

Zuschauer: 55.000

Besondere Vorkommnisse: Brunnenmeier trifft Elfmeter (1.), Reisch trifft Elfmeter (17.)

Spielbericht aus der FCN Vereinszeitung Nummer vom 196

Rekordbesuch für Bundesligaspiele im Stadion - aber Mißgeschick über Mißgeschick im Spiel

Selten war der l. FCN zum Start eines neuen Fußballspieljahres so wohlvorbereitet angetreten, wie diesmal. Die Reifeprüfung bestand er gegen den englischen Ligameister in einem Kampfspiel von Europacup-Niveau sogar mit Auszeichnung. Es wurde ein Pyrrussieg. Seitdem gibt es Aufstellungssorgen, die sich peinlich auswirken, weil der Terminkalender schwerste Gegner gleich zu Anfang beschert. So wurde der Start in Bremen ein Fehlstart. Es kam schlimmer.

Noch hatten rund 55 000 Fußballfreunde die Hoffnungen auf den Club und auf ein großes Spiel nicht aufgegeben. Als aber Brungs und in letzter Sekunde gar noch die Hauptstütze Wabra dem Rasen fernbleiben mußten, griff Enttäuschung um sich. Und es kam noch ärger! Das Spiel war erst Sekunden im Gang, als schon eine überharte Schiedsrichterentscheidung das Häfelein zum Überlaufen brachte: Elfmeter - Tor - 0:1! Eine volle, tolle Viertelstunde mußte der Unparteiische in einem Hexenkessel amtieren.

Die Clubelf steigerte ihren Einsatz, errang Vorteile und mit einem Foulelfmeter das 1:1. Doch die 60er waren nun auch aufgeputscht. Die Qualität des Kampfspiels erreichte ihren Höhepunkt. Die Clubelf war dabei etwas im Vorteil. Greif fiel im Sturm, Wenauer in der Abwehr angenehm auf, die Schüsse aufs Münchener Tor aber gingen drüber oder daneben.

Da schlug das Schicksal noch einmal zu: Die Münchener erzielten ein höchst abseitsverdächtiges Tor, das aber anerkannt wurde, und hatten bald darauf - als Leupold ausrutschte - das Glück, daß Brunnenmeier dadurch an den Ball, zur Torchance und zum Treffer kam. Das war denn doch zuviel Mißgeschick für die Nerven unsrer jungen Spieler. Die Konzentration zerstob, die Deckung - schon vorher etwas vernachlässigt - ließ die gegnerischen Stürmer nun gar zu oft ungehindert den Ball aufnehmen. Das Mannschaftsspiel verlor den Schwung, wurde umständlicher, auch im Sturm ging trotz erfreulichem Einsatzwillen kein flüssiger Angriff mehr zusammen. Resignation griff um sich.

Je mehr der Club nachließ, umso mehr gewann die Münchener Elf an Sicherheit und Kampfkraft. Sie stellte sowieso die athletischere Einheit, wußte sich zur rechten Zeit zu steigern, beherrschte schließlich ihren Gegner völlig und gewann zu recht. Gegen das Vorjahr hat sie an Routine deutlich gewonnen, hat schnellste Sturmspitzen, eine sichere, wuchtige Hintermannschaft, die im Kopfballspiel oft im Vorteil blieb gegen unsre Innenstürmer, die ja dabei kaum einmal hochspringen und uns selten einmal an unseren Max Morlock erinnern.

Die Münchener zeigten das balltechnisch einfachere, dafür aber zügigere, beweglichere und raumgreifendere Spiel. Mit oft 6 bis 7 Leuten in der Abwehr, rollt zur rechten Zeit wieder der Angriff mit Läuferunterstützung - modernes Fußballspiel! Mit Küppers, Rebele, und Patzke können sie sich noch verstärken. Immerhin war keines ihrer 4 Tore zwingend herausgespielt, denn auch das letzte kam etwas glücklich für sie zustande: ein Abpraller sprang unvorhergesehen zu Konietzka, von dem er prompt zum Tor eingeschossen wurde. Alle 4 entstanden durch Pannen in der Clubabwehr, wie sie seit längerer Zeit nicht passierten.

Der 1. FCN hat mit Manchester United 11 Tage vorher eine Mannschaft niedergerungen, die gewiß nicht schlechter war als 1860 und alles andere denn einen „Sommerfußball" spielte. Sobald die Clubelf zu dieser Form zurückfindet, müßte sie sowohl Werder Bremen als auch 1860 München gewachsen sein.

Diesmal haben die Münchener zwar ohne Zweifel verdient gesiegt, sie waren die Besseren. Sie werden im Durchschnitt ihrer 34 Bundesligaspiele nicht immer so viel Glück auf ihrer Seite haben!

Und der Club nicht immer so viel Mißgeschick!

Pelzner

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