Freundschaftsspiele 1963 / 64

Ploesti - 1. FC Nürnberg So., 24.05.1964 2:2

Nationalmannschaft Rumänien - 1. FC Nürnberg Mi., 27.05.1964 2:1 (2:0)

Farulu Konstanza - 1. FC Nürnberg So., 31.05.1964 1:3

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PLOESTI - 1. FC NÜRNBERG:

Wabra; Hilpert, Popp; Wenauer, Leupold, Reisch; Schmidt, Müller, Strehl, Wild, Albrecht

Tore: ???

Zuschauer: 10.000

PLOESTI - 1. FC NÜRNBERG:

Wabra; Hilpert, Popp; Wenauer, Leupold (Ferschl), Reisch; Schmidt, Müller, Strehl, Wild, Albrecht

Tore: 1:2 Strehl (50.)

PLOESTI - 1. FC NÜRNBERG:

Wabra; Derbfuß, Hilpert (Popp); Ferschl, Wenauer, Reisch; Schmidt, Strehl, Billmann, Wild (Müller), Dachlauer (Albrecht)

Tore: ???

Zuschauer: 10.000

Trainer: Morlock, da Csaknady daheim geblieben ist

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Besondere Vorkommnisse: Keine

(Spiel)bericht aus der FCN-Vereinszeitung Nummer 7 vom Juli 1964

Die Rumänienfahrt des 1. FC Nürnberg

 Die Europa-Cupspiele gaben der Clubelf zwar Gelegenheit den Duft der großen, weiten Welt einzuatmen, aber das unbeschwerte Kennenlernen fremder Länder begann bei solchen Anlässen erst nach getaner Arbeit. Kein Wunder, daß der Wunsch immer lauter wurde, einmal als Fußball-Globetrotter, das heißt, mit leichterem Gepäck reisen zu können.

Die Hoffnungen auf eine große Tournee erfüllten sich am Ende dieser Saison.

Unter Führung von „Reisemarschall" Hans Betzold, Obmann Fred Böhm, Dolmetscher Stefan Wiesengrund startete die Clubmannschaft am 22.5.64 zu einer Rumänien-Fahrt.

Da Clubtrainer Csaknady keine Lust hatte, einen Blick hinter den „Eisernen Vorhang" zu werfen, wurden mir die Aufgaben eines spieltechnischen Betreuers übertragen.

 Der Flug führte bei schönem Wetter zunächst nach Prag. Die goldene Stadt wurde in knapp einer Stunde erreicht. Nach kurzem Aufenthalt brachte uns ein rumänisches Flugzeug in zwei Stunden nach Bukarest. Wir merkten sofort, daß uns eine andere Welt umgab, denn die Paßkontrolle wurde von bewaffneten Militärpolizisten vorgenommen. Auch unsere Koffer mußten geöffnet werden, doch es gab keinerlei Beanstandungen.

 Wir logierten im Hotel Ambasador, das mitten im Zentrum von Bukarest liegt. Das Essen wurde im Hotel Lido eingenommen, da auch die ungarische Junioren-Auswahl in unserem Quartier untergebracht war. Einer ihrer Betreuer war kein geringerer als Gustav Szebes, der Trainer der berühmten ungarischen Länderelf, die im Weltmeisterschafts-Endspiel 1954 stand. Herr Szebes und ich haben selbstverständlich Erinnerungen ausgetauscht und lange miteinander geplaudert.

Wenige Stunden, nach unserer Ankunft erfuhren wir, daß der Club im ersten Spiel auf den rumänischen Pokalmeister Ploesti treffen würde.

 Der Samstag stand bereits im Zeichen der Vorbereitungen für das am Sonntag statt­findende Gastspiel in der rumänischen Ölstadt.

Das Programm lautete: Frühstück, Spaziergang, Mittagessen, Bettruhe, Training und „Zapfenstreich" (22 Uhr). Ploesti ist übrigens die Geburtsstadt unseres „Tennis-Champions" Jan Foldina.

Das rumänische Kultusministerium hatte uns eine ständige Begleiterin zugeteilt, die sehr gut deutsch sprach. Sie hieß Violetta und war hundertprozentig linientreu. „Reisemarschall" Hanz Betzold gebührt zweifellos das Verdienst, daß Frau Violetta endlich wahre Informationen über die westliche Welt erhielt. Keiner von uns wollte politisieren, aber es war manches Mal unmöglich, den Mund zu halten. Fred Böhm und Stefan Wiesengrund mußten des öfteren schlichtend in die Debatten der „Ostexpertin" Violetta und des „Westexperten" Hans Betzold eingreifen.

Am Sonntag fuhren wir mit dem Bus nach Ploesti, das etwa 60 Kilometer von Bukarest entfernt liegt. Der Club lieferte eine hervorragende Partie. Das Ergebnis von 2:2 besagt nicht viel, denn unsere Mannschaft wurde durch zwei klare Fehlentscheidungen um den verdienten Sieg gebracht. Die Begegnung stand technisch auf einer hohen Stufe. Unsere Spieler waren hinsichtlich ihrer Leistungen und auch in ihrer Haltung kaum zu übertreffen, Rund 10000 Zuschauer feierten begeistert den 1. FCN. Es spielten: Wabra; Hilpert, Popp; Wenauer, Leupold, Reisch; Schmidt, Müller, Strehl, Wild, Albrecht.

Wir kehrten noch am gleichen Abend nach Bukarest zurück. Die Stimmung ließ nichts zu wünschen übrig. Die Wiener Sängerknaben hätten vielleicht besser, aber kaum freudiger singen können.

Die Zeitungen schrieben, daß die Clubelf spielerisch und sportlich die beste ausländische Mannschaft war, die je in Ploesti gastiert hat.

Jeder Spieler erhielt als Taschengeld 360 Leu, das sind ca. 120 DM. Dieser Betrag ist kein Pappenstiel, aber die rumänischen Preise haben es in sich.

Ein Paar Schuhe kosten 275 Leu, ein Mittagessen 25 - 40 Leu, l Glas Bier 5 Leu, l Flasche Wein 40 - 60 Leu.

Wer Souvenirs mit nach Hause bringen wollte, mußte entsprechend wirtschaften, Heiner Müller beherrschte diese Kunst meisterhaft. Er erinnerte sich an Kurt Ucko, der bei Auslandsfahrten nur mit höheren Funktionären verkehrte und stets zechfrei gehalten wurde.

Auch das Telefonieren war eine teuere Angelegenheit.

Stefan Reisch verkaufte u. a. ein Nylonhemd, um die Kosten eines Ferngesprächs nach Nürnberg begleichen zu können. Dennoch war Steff glücklich, die Stimme seiner Frau zu vernehmen, aber die Verständigung war schlecht.

Stefan bat laut und deutlich: Bitte, schreibe mir! Wir wohnen im Hotel Ambasador.

Frau Reisch antwortete:  „Was? Du hast ein Tor geschossen?"

Stefan sagte: „Uns geht es gut! Küßchen!"

Frau Reisch fragte verwundert: „Was? Ihr kommt mit dem Schiffchen?"

Wir konnten in Bukarest nicht allzu viel unternehmen, da uns am Mittwoch das schwere Spiel gegen die rumänische B-Nationalmannschaft bevorstand. Deshalb wurde am Montag lediglich eine Stadtrundfahrt und eine Besichtigung der Sportanlagen vorgenommen. Mit besonderem Stolz verwiesen die Rumänen darauf, daß ihr Nationalstadion, das ein Fassungsvermögen von 100000 Sitzplätzen hat, durch freiwillige Arbeit im Zeitraum von sechs Monaten fertiggestellt wurde. Großen Eindruck hinterließen auch die herrlichen Parkanlagen der rumänischen Metropole.

Das Essen entsprach nicht immer unserem Geschmack. Fast jede Speise wurde mit Knoblauch zubereitet. Schwarzbrot gab es überhaupt nicht und zuweilen waren die Brötchen fünf Tage alt. Doch Frau Violetta und die rumänischen Funktionäre gaben sich alle Mühe, um uns zufriedenzustellen.

Am Dienstag wurde erneut hart trainiert, denn wir wußten, daß in Bukarest die Trauben hoch hängen würden,

Wir lagen am Mittwochabend auch bald mit 0:2 im Rückstand und ich hatte wirklich Angst, daß unsere Elf unter die Räder geraten könnte. Doch der Club fing sich und in der zweiten Halbzeit sah es zumindest nach einem Unentschieden aus, zumal Heinz Strehl wenige Minuten nach der Pause auf 1:2 verkürzen konnte. Dabei blieb es, doch den Chancen nach hätten wir sogar gewinnen können,

Herr Kovac, der Trainer der Rumänen, zollte unserer Mannschaft großes Lob und gestand, daß er bis zuletzt um den Sieg seiner Elf gebangt hat.

Wir traten in Bukarest mit folgender Besetzung an: Wabra; Hilpert, Popp; Wenauer, Leupold (Ferschl), Reisch; Schmidt, Müller, Strehl, Wild, Albrecht.

Am Donnerstag reisten wir mit der Eisenbahn nach Konstanza. Als der D-Zug über die Donaubrücke fuhr, erhellten sich unsere Gesichter. Schließlich liegen die Quellen dieses Stroms in Deutschland. Schon vor Konstanza kamen das Schwarze Meer und die ersten Schiffe in Sicht. Noch am selben Abend bummelten wir am Strand. Leider war das Wetter ebenso unbeständig wie in Bukarest.

Doch zunächst richteten sich unsere Gedanken auf das Spiel gegen Farulu Konstanza. Wir wollten diese Partie unbedingt gewinnen und dementsprechend wurde anderntags trainiert.

Am Samstag fuhren wir nach Mamia, zum schönsten Badestrand, den ich bisher sah. Hotels, Restaurants und Parkanlagen, architektonisch vorbildlich aufeinander abgestimmt, erstrecken sich in einer Länge von 8 Kilometern.

Leider hatte die Badesaison noch nicht begonnen, die Hotels waren geschlossen, ansonst hätten wir in Mamia Quartier bezogen.

Das Spiel gegen den rumänischen Erstdivisionär Farulu Konstanza fand am Sonntagvormittag um 11 Uhr statt. Der Himmel war strahlend blau, und so schön wie das Wetter war auch unser Spiel. Wir gewannen 3:1. Die rund 10000 Zuschauer spendeten dem Club immer wieder Beifall auf offener Szene.

Es spielten: Wabra; Derbfuß, Hilpert (Popp); Ferschl, Wenauer, Reisch; Schmidt, Strehl, Billmann, Wild (Müller), Dachlauer (Albrecht).

Auch in Konstanza wurde mit einem unserer eigenen Flutlichtbälle gespielt. Es war der letzte, der uns in Rumänien verblieben war, denn deutsche Bälle sind dort sehr begehrt. Wie üblich baten die Gastgeber bereits vor dem Spiel um den Ball und boten als Gegenleistung eine rumänische Lederkugel an. Wir konnten nicht „Nein" sagen, doch Roland Wabra hatte davon keine Ahnung. Er glaubte, daß am Balkan notorische Ballräuber zu Hause seien und schwor sich, den letzten Ball des Clubs zu retten. Als der Schiedsrichter das Spiel abpfiff, sauste Roland im Sprintertempo aus seinem Kasten, aber der rumänische Tormann tat das nämliche, um den versprochenen Ball in Sicherheit zu bringen. Der Rumäne gewann dieses nicht alltägliche Duell.

Das Spiel der Spiele aber wurde erst am Sonntagnachmittag ausgetragen. Schauplatz des Geschehens war ein von Mamia entgegengesetzt liegender Strand. Wir spielten „Sechs gegen Sechs". Das Treffen begann mit dem Einlaufen beider Teams, die sich vor etwa 15 erstaunten Badegästen verneigten. Dann folgte eine stramme Kehrtwendung und die zweite Verbeugung galt dem Meer. Nach der Platzwahl wurde von den barfüßigen Akteuren ein Spielchen dargeboten, das mit Härte nichts mehr zu tun hatte. Es war die größte „Holzerei" des 20, Jahrhunderts, doch es machte Spaß. Der „Titanen-Kampf" währte eine geschlagene Stunde, dann aber lockte das blaue Meer. Dieser Nachmittag hatte erstmals wahren Urlaubscharakter.

Auch am Montagvormittag konnten wir nochmals das schöne Wetter und den herrlichen Strand genießen. Gegen 17 Uhr erfolgte die Rückfahrt nach Bukarest. Bereits 13 Stunden später flogen wir wieder westwärts der Heimat zu, Die Rumänen zeigten sich sehr deutschfreundlich. Jeder Spieler wird die Rumänien-Fahrt des 1. FCN in guter Erinnerung behalten, denn sie war ein großartiges Erlebnis.

 Max Morlock

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Links: Abfahrt nach Ploesti. Im Vordergrund Frau Violetta, die im Auftrag des rumänischen Kultusministeriums den 1. FCN begleitete.

Mitte: Kaum zu glauben, aber der rumänische Fotograf und sein vorsintflutlicher Apparat produzieren in kürzester Zeit ausgezeichnete Bilder.

Rechts: Rumänien ist im Vergleich zur Bundesrepublik kein begütertes Land. Die Garderobe dieser Kinder besagt viel.

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Links: Vor dem Hotel Ambasador in Bukarest: Von links: Richard Albrecht, Paul Derbfuß, Ossi Schmidt, Kurt Dachlauer und Horst Leupold.

Rechts: Maxl Morlock sammelt am Strand von Konstanza Muscheln für seine Töchter.

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